Hamburg, 11. Dezember 2014
Vor zwei Tagen hat mir ein Mann aus Deutschland geschrieben, weil er unsere
Doku über die "Afghan Peace Volunteers" gesehen hatte - eine Gruppe Jugendlicher, die für eine Welt ohne Krieg und ohne Grenzen kämpfen.
Der Mann schrieb:
"Der eigentliche Grund weshalb ich dir schreibe ist, weil ich mir Sorgen mache. Ich bin 24 Jahre alt, in einer gut behüteten Welt aufgewachsen und habe viel Freiheit erfahren. In den letzten
Jahren allerdings, bekommt die Welt die ich so grün, vielfältig und ewig riesig kennen gelernt habe Risse.
Man erfährt, dass das Klima sich drastisch ändert, dass ein Tsunami vielen tausend Menschen das Leben nehmen kann, Flugzeuge mutwillig in Türme gesteuert werden und Atommüll für weitere 50000
Jahre gefährlich strahlt. Dass radikal religiöse Gruppen an unterschiedlichsten Orten der Welt schlimme Gräueltaten verüben und Finanzprofis mit Spekulationen Hungersnöte auslösen. Parteien zu
wählen verliert immer mehr an Effekt und unser Heimatplanet an Stabilität. In Deutschland wird wieder Religion zum Katalysator und Fremdenfeindlichkeit bekommt einen neuen Namen.
All das sind Beobachtungen die im ersten Moment frei zu sein scheinen, zusammenhanglos daher kommen. Aber je genauer man hinsieht, desto mehr verzweigen sich die Arme. Kein Krieg wird ohne Lobby,
ohne Vorurteile und ohne Interessen ausgefochten. Aber kein Interesse ist unabhängig von Glauben, ob religiös oder nicht. Es ist doch am Ende alles eins. Goldman Sachs, Monsanto und die Atlantik
Brücke stehen den Taliban näher als es vermutbar wäre. Hier wird Wachstum geprägt dort Rückschritt, beides mit Gewalt ausgeführt und verteidigt. Aber dass das eine eine Reaktion auf das andere
sein könnte und beides zu Zerstörung führt wird nicht bedacht.
Ich fürchte mich vor den nächsten 50 Jahren. Nicht aus Angst vor einem Weltkrieg ehrlich gesagt. Der Krieg wird in andere Länder getragen. Ich fürchte mich vor dem Leid das mein Leben in dieser
Gesellschaft verursacht. Vor dem Schmelzen der Polarkappen, der Macht der Wirtschaft und dem Sterben der Bienen. Vor dem Leid das entsteht wenn das Grundwasser in Pakistan weiter so rasant
schwindet, dem Leid das entsteht wenn IS nicht in sich zusammenfällt oder sich aus sicher heraus liberalisiert. Vor all den Dingen die so direkt an unsere Haustüre klopfen und oft nicht erhört
werden."
Dann schrieb er noch: "Es würde mich sehr freuen wenn du den Jungs in der Kabuler WG ausrichten könntest wie verdammt beeindruckend das hier im fernen Deutschland ankommt. Dass ich unglaublich
dankbar über soviel Menschlichkeit bin."
Das mache ich. Sehr gerne.